Pater Damasus Trapp OSA (D.T., s. a. Historie)
hat in seinen Texten bereits auf mehrere
Schwerpunkte von Ritas Spiritualität hingewiesen.
Obgleich die Art seiner Schriften nicht in der
heutigen Sprache geschrieben sind, so geben sie
inhaltlich dennoch wertvolle Hinweise auf das
Leben der hl. Rita.
"Warum ist Rita eine Heilige?
Nicht so sehr wegen der Wunder, die die Volksfrömmigkeit
der Wirksamkeit ihrer Fürsprache beim allmächtigen Gott
zuschreibt,
sondern eher wegen der erstaunlichen "Normalität" im
täglichen Leben, das sie erst als Frau und Mutter, dann als
Witwe und schließlich als Augustinerin führte."
(Papst Johannes Paul II)
Karsamstag-Christus
Der Christus des Heiligen Grabes ist die Achse,
um den sich die Heiligkeit Ritas dreht und von
dorther erklären lässt.
Auf ihrem Prunk-Sarg (s. Bild) ist er in Tempera
gemalt. Auch findet er sich zu Ritas Zeiten an
anderen augustinischen Stätten der Umgebung
Cascias wieder. In ihm ist auch der Hintergrund
ihres stets gelassenen, starken Charakters zu
entziffern: Rita sieht immer und überall, auch im
Dunkel des Leides, das strahlende Licht des
österlichen Lebens und der ewigen Liebe.
Nicht die Ausweglosigkeit des Kreuzes bestimmt
die Leidensliebe Ritas, sondern die freudige
Hoffnung des Karsamstags, die den Sinn des
Todes Jesu in die Verklärung führt. Die blutige
Ohnmacht des schrecklichen Sterbens wird
überragt von jenem Christus, der halb der
Dunkelheit und des tödlichen Hasses entflohen ist.
Es liegt über dem zur Hälfte aus dem Grabe
gehobenen Herrn bereits ein Schimmer des
Osterlichtes und der Morgen neuen Lebens. Das
Bildnis dieses Christus ist jener Ausdruck des
Humanismus (s.Simon Fidati), der das
Menschenlos nicht mit kraftlosen Phrasen abtut,
sondern ein Verhältnis der Sicherheit und des
Vertrauens zu Gott aufbaut.
Leid und Kreuz sind keine sadistischen
Schicksalsschläge Gottes, sondern ein Geschenk
der Liebe - und wenn man wie Rita sagen will, - ein
Dorn der Liebe, den man möglichst in Freude,
wenigstens aber in Frieden und in der Hoffnung
Christus mit der Opfergeste zurückbringen soll, in
der Rita auf alten Gemälden ihre gläubige Haltung
ausdrückt.
Dann wird auch uns der Ostermorgen so
auffinden, wie er für die hl. Rita am 22. Mai 1447
anbrach.
Karsamstags-
Christus
Mystikerin
Mystikerin/Kreuzesmystik/Stigmatisation
Die hl. Rita ist eine bedeutende Mystikerin des
Augustinerordens. In der leidenschaftlichen Liebe
zum Kreuz, als einer Gabe der Liebe, stellt sie uns
einen Christus dar, nicht wie wir ihn uns vorstellen
am Karfreitag, sondern wie er uns erscheint am
folgenden Tag, dem Karsamstag (in der
Vorahnung der Auferstehung). s.Band II (D.T.)
1442 ereignete sich die Stigmatisation
(Dornenwunde), mit der sie 15 Jahre lang
gezeichnet war.
Im Augustinerinnenkloster in Cascia wird ein
halboffener Raum gezeigt mit einem Fresko des
Gekreuzigten vor dem Rita am Karfreitag die
Stirnenwunde empfangen haben soll. Nach der
Karfreitags-Predigt verbrachte sie die Nacht im
Gebet vor dem Kreuz, ihre Mitschwestern fanden
sie dort in der Frühe des Karsamstags bewusstlos
liegen, mit dem Stigma gezeichnet.
Die barocke Weiterentwicklung der Kunst
übertrieb die Wunde und ihre Schrecklichkeit und
vergaß darüber den Aussagewert des Stirnmals:
dass nämlich die erlösende Liebe ein
staunenswürdiges Wunder ist.
Auf der reich bebilderten äußeren Kassette des
Prunk-Sarges, der im Jahre 1457 gefertigt wurde,
ist uns ein Bild der Heiligen gemalt, das ein edles,
ja vornehmes Gepräge offenbart und vor allem
den innersten Bezug dieser stigmatisierten
Mystikerin des Quattrocento (bezeichnet ital. Stil
im 15. Jhdt., Frührenaissance) zum Gekreuzigten
kundgibt. Von Gott empfing sie das Kreuz als
Liebesgeschenk; und als ein solches gab Rita
täglich den Dorn zurück.
Ein Hymnus auf Rita lässt auf ihr
passionsmystisches und caritatives Leben
schließen.
Die innige Liebe zum Gekreuzigten zeigt eine
Darstellung in der Kirche S. Antonio in Cascia:
Christus am Kreuz, weiß gewandet, mit blutender
Herzwunde auf dem Gewand, eine dreifache
Krone tragend, wird angebetet von der Heiligen,
die als kleine kniende Gestalt zu seinen Füßen
abgebildet wird, im Nonnengewand, den
Rosenkranz in der Hand.
Es ist uns nicht bekannt, welcher Art diese Vision
gewesen ist; ob sie hochmystisch oder eine
gewöhnliche Gnadenerfahrung war. (Geschenk,
Kreuzesgeschenk war sie.)
Sie blieb fähig, selbst im äußersten Leid und in der
menschlichen Schrecklichkeit jener Tag, zu
verzeihen und den Frieden zu suchen. Nach
jedem dieser Karfreitage nahm sie ihre Zuflucht zu
Christus, dessen Geheimnis der Karsamstagsruhe
sie verehrte. Er verbirgt nicht Kreuz und Wunden,
verharrt aber im Frieden und in der Hoffnung auf
das strahlende Licht des Ostermorgens. Die
Betrachtung dieser Haltung ihres Christus gab ihr
wohl schon von Kindheit (ein Bildnis von Christus
am Karsamstag war bereits in ihrem Elternhaus)
an jene wundervolle Ausgeglichenheit, die ihr
Leben so staunenswert macht. Auch ihre spätere
klösterliche Daseinsform hatte in dieser
Geistesrichtung ihren verankerten Mittelpunkt.
Rita und Kreuz sind untrennbar; aber ihre
Verehrung dieses hl. Zeichens ist ihre eigene und
charakteristische, nämlich die Versenkung in das
Geheimnis des Herrn, der in der Erwartung der
österlichen Erlösung unser Heil wirkt.
Der erste Biograph will wissen, dass Rita schon
als Kind und später als Frau und Nonne eine
Verehrerin des hl. Grabes war: In einem Winkel
ihres Hauses hatte sie das Grab ihres 'lieben
süßen Jesus'. Als Gottgeweihte konnte sie nicht
leben ohne Gebet und ohne Betrachten der
Christuspassion. So hatte sie sich auch in ihrer
armen Zelle ein Heiliges Grab gerichtet, vor dem
sie in dankbarer Liebe kniete und sie einmal von
ihrem Herrn in eine ekstatische Schau erhoben
wurde.
Leiden, Krankheit und Sterben
'Nachdem sie all das getan, was ich erzählt habe,
und noch mehr, was ich in den Quellen selbst
nicht fand, wurde sie von ihrem geliebten Herrn
mit einer schweren Krankheit heimgesucht. Vier
Jahre war sie bettlägerig. Der Körper war
federleicht geworden. Sie aß und trank fast nichts
mehr. Für alle war sie ein Spiegelbild der Geduld.
Die Schwestern bemitleideten sie, vor allem jene,
die an ihr Krankendienste verrichteten. Sie
wunderten sich, dass sie noch am Leben bleiben
konnte und schrieben diese Tatsache dem
Empfang der hl. Kommunion zu.
Als die letzte Stunde Ritas gekommen war,
vermachte sie den Schwestern ein ergreifendes
Testament: - 'Auf, meine lieben Schwestern, es ist
Zeit! Ich muss von euch Abschied nehmen. Bleibt
treu in der heiligen Liebe zu Jesus, der euch liebt'.
-
Die heilige Wegzehrung empfing sie mit großer
Demut und Andacht, ermunterte daraufhin ihre
Mitschwestern zu Beobachtung der Regel des hl.
Augustinus, ermahnte auch zum Gehorsam der hl.
römischen Kirche gegenüber; hatte ja das
Schisma schmerzliche Wunden hinterlassen. Am
Schluss legte sie ihre Hände in Kreuzesform auf
die Brust und gab ihren letzten Segen, nachdem
sie selbst von der Äbtissin gesegnet worden war.
Hierauf bat sie alle in rührender Liebe um
Verzeihung. Dann mahnte sie erneut: - 'Bleibt treu,
ich bitte euch, im heiligen Gehorsam, so wie ihr
ihn der Äbtissin versprochen habt und versagt ihr
nie die Tat des Dienens. Bleibt treu in der heiligen
Friedenshaltung und in der brüderlichen Liebe.
Und Gott segne euch'.”
Dann schließt der Biograph mit einem Bericht über
ihr triumphales Begräbnis, das in der Vorahnung
der ewigen Glorie gefeiert wurde.
Rita hat eine ganz besondere Botschaft für die
Menschen unserer Zeit: Not, Kreuz und Leid will
ein Gottesgeschenk sein und dem gläubigen
Menschen jene Geduld und Gelassenheit lehren,
die alle schweren Stunden in Frieden und
Tapferkeit des Herzens trägt.
Das übergroße Leid auf Ritas Lebensweg hat ihre
Persönlichkeit nicht vermindert. Gerade hierdurch
ist sie zur starken Persönlichkeit herangereift,
deren Blick ermutigend und mit stiller Heiterkeit
den Bewunderer trifft. So stellte sie auch der
Künstler auf der Vorderfront des Prunk-Sarges
dar. Die eindrucksstärkste Geste ihrer
Darstellungen, die erhobene rechte Hand, zeigt
den Dorn ihrer geheimnisvollen Liebe in einer klar
ins Auge gefassten Opferfreude.
So vermag diese Frau, die vor 500 Jahren ihrer
Seele nach die Erde verließ, dem modernen
Menschen über alle Wechselfälle des Lebens den
Mut und die Freude zum Dasein, zum Leiden,
Lieben und Sterben zu schenken.
(D.T.)
Sarginschrift
Du bist nun seliggesprochen (1457) ob deiner
heroischen Tugend; dein Kreuz hat uns Licht und
Beispiel gegeben. Du, Rita, hast bitter leiden
müssen; den Hasswirbel der traurigen Welt
musstest du verlassen. Du wolltest deine offenen
Herzenswunden im Kloster heilen. Sag mir, o Rita,
hast du dir nicht großes Verdienst zugelegt ob
deines großen Kreuzes? Wo gab es denn eine
andere Frau so erhaben wie du, so auserwählt
über alle anderen Frauen, der in einem solchen
Maße das Geschenk des Kreuzes zuteil wurde?
War es denn nicht ein wahrer von Christus selber,
den du empfangen hast?
"Ich habe nicht gerechnet mit Gott; ich habe
geliebt! Nicht um Lohn wie ein Tagelöhner, auch
nicht um Himmelslohn. Es wäre mir wie
rechnerischer Egoismus erschienen, mit dem
Gedanken auch nur zu spielen, einen anderen
Schatz zu haben neben demjenigen, dem ich mich
radikal und ganz gegeben".
"O Rita, du hast 15 Jahre den Dorn getragen und
trotzdem glaubst du dich nicht rein genug, in die
Wonne des ewigen Lebens einzugehen".
Friedens-
stifterin
Geduld im Leid
Friedensstifterin
Rita widmete sich selbst dem Werke der
Friedensstiftung. Durch immerwährendes Gebet
fand sie das rechte Wort zur rechten Zeit.
Auf dem Sterbebett bittet sie ihre Mitschwestern
u.a.: 'Bleibt treu in der heiligen Friedenshaltung
und in der brüderlichen Liebe'.
Nach den ersten Biographen waren Ritas Eltern
als Friedensstifter bekannt. Die Legende hat sich
diese Aussage angeeignet und diesen
außergewöhnlichen Umstand auch mit dem
außergewöhnlichen Titel "Friedensstifter Jesu
Christi" bezeichnet. Die außerordentliche
Betonung dieses Titels scheint verdächtig, denn
zur Zeit der hl. Rita war ein Friedensstifter eine
nicht ungewöhnliche Gestalt im Leben Cascias.
(s.a. Historie)
Liebe und Caritas
In der sogenannten "Kurzen Biographie" des
Notars von 1457 findet sich auch die wichtige
Angabe, dass Rita 40 Jahre im Kloster lebte, dort
dem Herrn diente in Liebe und Caritas, in Fasten
und Gebet.
Sie war treu im Dienste Gottes, und Gott, Wunder
wirkend durch ihre Fürbitte, war treu, nach seinem
Wort: 'Er wird einem jeden vergelten nach seinen
Werken'."
Das passionsmystische und caritative Leben der
hl.Rita kommt in dem Hymnus auf Ritas Prunk-
Sarg deutlich zum Ausdruck. Er führt dies in
frohlockenden Worten aus: sie lebte und liebte
nicht taglöhnerisch, sie führte nicht Buch über
Verdienste, sondern sie liebte und gab sich ganz
und radikal ihrem Herrn zu eigen.
Das ist auch die Antwort auf die Frage nach ihrer
Buße, wie andere Quellen übrigens schon im
Jahre 1457 bezeugen.
Mystik der Caritas
Wer unter dem Gesetz der Liebe lebt, muss selber
mit jeder Faser seines Herzens lieben. Diese
Ausschließlichkeit bestimmte Ritas Hingabe an
den Herrn. Öfters wiederholt der alte Schriftsteller:
'Was konnte sie denn dem Herrn mehr geben,
wenn sie sich ganz und gar ergab? Sie glühte und
brannte innerlich. Das göttliche Feuer zündet und
brennt; aber es verbrennt nicht.'
In einer solchen Gesinnung der Hingabe lebte Rita
als Mädchen, als Frau, als Mutter, Witwe und
Gottgeweihte.
Hundert Jahre nach ihrem Tode war ihre
Liebesmystik noch in Cascia bekannt und wurde
von Künstlern besungen und auf einem Gemälde
in S. Antonio in Cascia der Nachwelt erhalten.
Hier erscheint Rita in dreifacher Verkleinerung.
Vor einem Christus, der in dreifacher
Vergrößerung, steht ein Minnesänger, der in
normaler Proportion wiedergegeben ist. Er besingt
dieses Liebesleben, das sich selbst vergisst und
ganz im Geliebten aufgeht.
Wie Johannes lehrt, bedingen sich Gottesliebe
und Caritas gegenseitig. Auch die Biographie
bezeugt: 'Wenn Rita dem Nächsten helfen konnte,
war sie freudig, eifrig und bereit, auch unter
Lebensgefahr noch Caritas zu üben. So hatte sie
es schon als Kind von ihrer Mutter gelernt. Als sie
noch bei Vater und Mutter war, gab sie den Armen
oft die besten Sachen, die sie besaß.'
Die Verwirklichung der totalen Hingabe wird in
einem besonderen Ereignis erwähnt: 'Einst
machte Rita einen Besuch im Kirchlein von St.
Maria Magdalena. Mit großen theologischen
Ausführungen wurden die Worte Jesu vom
Prediger interpretiert: - Ich bin der Weg, die
Wahrheit und das Leben. - Rita wurde erleuchtet
vom göttlichen Licht und von göttlicher Gnade,
ohne des schillernden Spieles der theologischen
Begriffe gewahr zu werden. Von jener Stunde an
begann für sie ein neues Leben. Ihr Sinnen und
Trachten im Denken, Reden und Tun war allein
auf Christus hin gerichtet, ohne den sie nicht mehr
leben konnte und dem sie sich in
ausschließlichster Nachfolge anschloss. Immer
treuer ward ihr Dienst der Caritas: einfach und
spontan im Alltag wie auch in den dramatischen
Stunde ihres Lebens, oder bei den oft
wiederkehrenden Epidemien.
Rita war sich dessen bewusst, dass ihr 'geliebter'
Jesus in den Armen und in der Armut gegenwärtig
war. Den Armen diente sie nicht in dem Sinne, als
ob sie mit ihrer Caritas der Umwelt ein soziales
oder politisches Ideal zeigen wolle; sie diente nicht
um Lohne und dachte nicht an Verdienst; denn sie
diente IHM!
Es ist nicht überliefert, wie umfangreich dieses
Tun im einzelnen war. Der Biograph des Notars
von 1457 sagt nur, dass sie '40 Jahre lebte in
Caritas und Gottesdienst'. Das jedoch ist uns
verbürgt, wie sie in den 40 Jahren, die ihrem
Klosterleben als Tochter, Frau und Mutter
vorangingen, in liebevoller Hinwendung zu den
Armen Gutes tat. Ritas Wesenszüge lassen
erkennen, wie sehr sie die Ihren, besonders ihren
Gatten, mit der Fülle menschlicher, christlicher
und göttlicher Liebe beglückte.
"Christus war das Licht und der Atem dieser
Seele."
Der älteste Biograph beruft sich auf nicht mehr
vorhandene Quellen; und so bedienen wir uns
gern seiner naiven Ausdrücke, um die Heilige
näher kennen zu lernen: "Nichts," - so sagt er, -
"fehlte Rita in ihrem kleinen Castell. Sie war
verehrt von allen, verwöhnt von der göttlichen
Liebe, reich an Gütern und frei, zu verfügen, wie
es ihr beliebte".
So wenigstens schien es nach außen um sie
bestellt. Die Menschen wussten nicht, dass der
Herr ihr in jungen Jahren eines Tages erschienen
war und seitdem zwei Ideale in ihrer Seele stritten.
Es war ihr, wie wenn Martha zu Maria sagte: 'Der
Meister ist da und ruft dich'. Und Maria musste
immer wieder aufstehen - und der alte Anruf
Gottes übertönte Alles.-
Das Geheimnis der zweifachen Anwesenheit von
Martha und Maria in Ritas Seele kann ihren Beruf
zum Klosterleben etwas verständlicher machen. In
jeder heiligen Seele lebt eine Martha, die wohl
schon zufrieden wäre, wenn sie dem Herrn den
Tisch deckt; aber ihre Schwester Maria, die ja
auch in der Tiefe der Seele lebt, kann es nicht
über sich bringen, ihm zu Füßen zu sitzen.
Aus einer feinen Sicht spricht der Biograph über
ein solches Doppelleben: 'Rita liebte Jesus in
vollkommener Liebe und deshalb berief sie der
Herr zur Gnade eines wirklichen religiösen Lebens
und zeigte ihr die Gipfel aller Vollkommenheit und
Heiligkeit'.
Welche Atmosphäre herrschte im Kloster von
Maria Magdalena? Sämtliche Geschichtsquellen
betonen ein fundamentales Faktum: Es herrschte
Liebe! Und Rita wirkte sie in Wort und Tat.
Liebe und
Caritas
Armut
Armut
Die Lebens- und Klosterregel des hl.Augustinus
steht auf dem Fundament des gemeinsamen
Besitzes. Mit dieser Regel war Rita vertraut.
Ritas Armutsideal für sich selbst fußte darin wie
der erste Biograph es beschreibt bzw. Rita selbst
die Armut ihrer bescheidenen Zelle (laut seinem
Bericht) mit ihren eigenen Worten begründet: "Wie
könnte ich eine große Zelle haben, da mein
Christus auf einem engen Kreuze litt? Wie
könnten hier helle bunte Glasfenster leuchten, da
mein Christus nur dunkle Wunden trägt?"
Die Worte des Evangeliums: 'Verkaufe alles, was
du hast, dann komm und folge mir nach' verstand
sie wie Franz von Assisi wörtlich. Sie hörte Jesus
sagen: 'Folge mir, denn ich bin arm, nicht aus
Zwang, sondern freiwillig. Folge mir, denn nicht
Strafe für Sünden ist meine Armut, sondern
Geschenk meiner Liebe! Armut schenke ich. Dir
schenke ich sie, Rita, wie ich Gottes Gnade jenem
Gerechten schenke. Armut in meinem Hause ist
nicht Enterbung. In meiner Gesellschaft, meiner
Familie ist mir der Hungernde doppelt Freund'.
Wer nur aus bitterer Notwendigkeit arm ist, darf
solch große Worte natürlich nicht aussprechen; sie
könnten den Klang der echten Wahrheit sonst
verlieren. Rita jedoch war nicht die armselige
Bäuerin, wie sich die Barockzeit aus Unwissenheit
des historischen Rahmens Rita konstruiert hatte.
Sie war eine bürgerliche Tochter Cascias, die ihre
gesetzliche Mitgift von 150 Gulden mit ins Kloster
brachte und zudem vor ihrem Eintritt mit eigenen
Mitteln die Restaurierung des Klosterkirchleins
besorgte.
'Indem sie sich selbst aufgab, in dem sie die Welt
aufgab, indem sie alles hingab, was sie besaß', so
sagt der alte Biograph, 'konnte sie sich erlauben,
viel Almosen zu geben'. Dem fügt er noch hinzu:
'Weil sie den dornenvollen Reichtum der Welt
aufgab, (Christus hatte einmal den Mut, den
Reichtum mit Dornen zu vergleichen,) wurde Rita
für das Geschenk des geistigen Dornes des Herrn
gewürdigt.
Wir bewegen uns also auf der hohen Ebene von
St. Ritas Spiritualität. Alle Quellen sind sich
darüber einig, dass sie den Dorn als ein hohes
Geschenk der Liebe ihres Herrn betrachtet.
Dadurch wurde sie die wahre Verkünderin jener
Armut, die alles geben muss, um für das eine,
große, notwendige Geschenk fähig zu werden, für
Christus selbst."
Rita antwortete auf die Berufung mit einem
bereiten 'Ja'. Sie wollte sein wie 'Maria' und
deshalb wagte sie immer wieder von neuem die
Bitte um Aufnahme an der Klosterpforte, an der sie
mehrfach abgewiesen wurde. Dann zögerte sie
nicht, die Welt zu verlassen und damit alles zu
verlassen, was sie je zu eigen hatte, um ihm
besser dienen zu können, den sie 'ihren süßen
Jesus' nannte, wie uns der Biograph überliefert;
und diese Bezeichnung will in diesem Wortlaut
verstanden sein!
Vielleicht kam sie durch die Ansässigkeit
verschiedener Glasereien in Cascia zu dem
Vergleich, dass die Güter der Reichen wie
Glasperlen seien: Sehr zerbrechlich und zum
Aufbewahren viel zu gefährlich. Ein anderes Mal:
Es ist doch ein Geheimnis, dass man Reichtum
haben muss, um die Welt zu kaufen; um den
Himmel zu kaufen, ist die Verachtung des
Reichtums vonnöten. Was der Wind verweht, kauft
man mit Tageslohn; den Himmel dagegen mit der
Verachtung jeden Lohnes.
Fasten und Gebet
Vierzig Jahre lang lebte Rita das monastische
Ideal in Fasten und Gebet.
Freiwillig hatte sie sich auf die Formel des
Bußleben verpflichtet, die lautete: "Wasser und
Brot", - und es auch gelebt.
Spätere Schriftsteller erklärten diese
Lebensführung als eine Wiederholung von vier
oder fünf Fastenzeiten im Jahr.
Der Grabgesang Ritas führt dies in frohlockenden
Worten aus: 'Sie lebte und liebte nicht
taglöhnerisch, sie führte nicht Buch über
Verdienste, sondern sie liebte und gab sich ganz
und radikal ihrem Herrn zu eigen'
Das ist auch die Antwort auf die Frage nach ihrer
Buße, wie andre Quellen übrigens schon im Jahre
1457 bezeugen.
Aus diesem Grunde diente sie Gott in der
monastischen Liturgie und den langen
Gebetsnächten.
Woher hatte Rita die heldenmütige Liebe ohne
Rast, die Kraft zur Selbstentäußerung, die ganz
rein sein wollte, den Mut zur Armut ohne
Kompromiss?
Die Antwort dafür lag in der Einfachheit ihres
Herzens und in der Innigkeit ihres Gebetes! Das
Gebet war für sie eine Burgfestung, die Sicherheit
versprach; ein Turm, in den sie sich gerne
zurückzog, um von dessen Höhe auf die schöne
Welt, aber auch auf ihre Nichtigkeiten zu sehen.
St. Augustinus nannte einmal die Festungstürme
an den Grenzen des Römerreiches 'Symbole der
Sicherheit, die uns auf das Gebet verweisen
könnten. Die stolzen Türme Cascias, die wie alle
schönen Dinge in der Welt und in der Schöpfung
zum feinfühlenden Herzen Ritas sprachen, ließen
sie im Sinnbild die Macht und Stärke des Gebetes
erkennen.
Das Gebet bringt Licht in die Seele, nimmt den
Gedanken der Schmetterlingsflügel, die so gerne
um große und kleine Hinneigungen flattern. Da bot
ihr der 'Turm' Ruhe zum Gebet und heitere
Gelassenheit. Die Freuden der Welt nahmen
Abschied und es erblühte in ihr die Freude, die
von Gott kommt.
Derartige Feststellungen können heute
unrealistisch erscheinen. Es wäre aber nicht
verkehrt, wollten wir sie mit allem Respekt
annehmen und uns sagen lassen, dass sie
eventuell wahr sein könnten. Ritas Liebe zu ihrem
Christus war nicht süßlich, sondern stark. Ihr
Gesicht atmet Kraft und Willenstärke. Für Rita war
die Betrachtung des Herrenleidens und -lebens
ein heroischer Geistesflug, lächelnd noch im
harten Ringen um ihren Gott.
Fasten und
Gebet
Augustinerin
Bekannt sind uns ihre Besuche im Kloster von S.
Maria Magdalena, in dem sie möglicherweise eine
Verwandte als Nonne hatte, jedenfalls aber waren
es Frauen ihrer sozialen Stellung. Auch wissen wir
von ihren Gängen nach S. Augustin, jenem
mächtigen Kirchenkomplex, der nahe bei der
Festung und den Regierungspalästen lag. Wegen
seiner ehrwürdigen Tradition und der
herausragenden Platzierung der Kirche und des
Klosters gewann es eine derartige Bedeutung,
dass man ohne weiteres Cascia als augustinische
Stadt bezeichnen kann.
Es ist nicht undenkbar, dass St. Rita in der Kirche
des hl. Augustinus zur Augustinerin wurde.
Jedenfalls wählte sie jene drei Heiligen,
Augustinus, Johannes den Täufer und Nikolaus
von Tolentin zu ihren persönlichen Patronen, die in
dieser Kirche verehrt wurden. Dass ihr die drei
Patrone erschienen und in ihr bei einer Vision den
heißen Wunsch wach werden ließen, sich im
Kloster Gott zu weihen, diese Begebenheit ist
geschichtlich verankert und wird in nüchternen
Worten auf einer uralten Darstellung, dem
sogenannten sechsteiligen Gemälde, wiederholt.
Sicher kannte sie Augustinus in umbrischer
Ausgabe. In diesem einfachen Heftchen lebte
wahrhaft augustinischer Geist und augustinische
Spiritualität, mag die moderne Wissenschaft auch
nicht mehr all zuviel davon halten.
Die Klostergemeinschaft in S. Maria Magdalena in
Cascia lebte nach der Regel des hl.Augustinus.
S. Augustinus, der Former und Vater der
Spiritualität der hl. Rita, war selber fest überzeugt,
dass Liebe zu Gott und zum Nächsten sich nicht in
Einklang bringen lassen mit der Verkrampfung ins
Irdische.
Die Grundpfeiler der Regel waren Rita vertraut wie
'Unruhig ist unser Herz bis es Ruhe findet in dir'
und
'Ehrt gegenseitig in euch Gott, dessen Tempel ihr
seid',...
Augustinerin
Simon Fidati von Cascia (1275-1348),
Augustiner-Theologe, Schriftsteller
Auf einem Marienbild in der Kirche der Madonna
della Delibera aus der gleichen Zeit ist Rita
dargestellt zusammen mit dem Sel. Simon von
Cascia, einem bedeutenden Gelehrten aus dem
Augustinerorden.
Das Hauptwerk des Simon Fidati ist ein
Evangelien-Kommentar in 15 Bänden. Er
verfasste den ersten Erwachsenen-Katechismus
in italienischer Sprache. In Florenz gründete er
das Frauenkloster der hl.Elisabeth, das
sogenannte "Kloster der Bekehrten", viele Frauen
traten dort ein, um zu büßen, ebenso das Kloster
der hl.Katharina.
Der Meister ihrer Spiritualität, der selige Simon
von Cascia lehrte sie erkennen: "Lieben ist eine
Tugend, geliebt werden ist keine Tugend, sondern
ein seltenes Glück". Durch ihn wurde sie mit der
Wahrheit betraut, dass christliche Freundschaft ein
echtes und wertvolles Gut darstellt, wenn man
selbst der aktiv Liebende ist, nicht wenn man nur
geliebt wird oder alles daran setzt, um geliebt
werden zu wollen. Geliebt zu werden ist ein Glück,
das den fundamentalen Tugendwert der
Freundschaft nicht bestimmt.
"Kein Lohn ist lohnender als die Liebe und nichts
zu lieben ist bitterer als der Tod." - Das ist ein
heroischer Grundsatz; er will besagen, dass man
nicht wie ein Tagelöhner nur den Lohn im Auge
haben soll, das Verdienst und die Aussicht auf die
Seligkeit des Himmels. Wer den Herrn in Wahrheit
lieben will, der muss sich ausschließlich begnügen
mit dem göttlichen Schatze, neben den kein
andrer existiert, neben dem man nach keinem
anderen verlangt.
(vgl. Sarginschrift)
Ihre Passionsgeschichte entbehrte nicht der
frohen, hoffnungsvollen Züge, wie ihre
Bilderklärungen mehr als deutlich machen. Auch
Simon von Cascia weist diese Tendenz auf.
Freude soll in den Augen leuchten, wenn Herzen
und Hände bluten!
Rita schläft in der Ruhe eines Helden, unter dem
Wappenzeichen ihres Herrn: JHS, XDS, XPS,
Symbole ihres Christus, die damals durchaus nicht
so neutral waren, wie sie heute unserem
Empfinden nahe stehen. Mit diesem Zeichen
bezeugte Rita noch im Tode, dass sie zum Kreise
des humanistischen und biblischen Spiritualismus
eines Simon von Cascia und eines Bernhardin von
Siena gehörte: von Vielen bekämpft und von noch
mehreren mit Begeisterung begrüßt.
"Das menschliche Herz bei Simon Fidati", P.
Simon Fidati
Gehorsam
In der Legende vom Weinstock wird Rita als die
"gehorsame Ordensfrau" dargestellt.
Als selbständige Ehefrau, als Mutter und
schließlich als alleinerziehende Mutter von 2
Söhnen war sie gewohnt zu entscheiden,
eigenständig zu handeln. Von diesem Leben
geprägt war es für Rita sicher nicht leicht, sich in
die Klostergemeinschaft einzufügen, und
unterzuordnen.
Auf ihrem Sterbebett ermahnte sie ihre
Mitschwestern 'auch zum Gehorsam der hl.
römischen Kirche gegenüber' und 'Bleibt treu, ich
bitte euch, im heiligen Gehorsam, so wie ihr ihn
der Äbtissin versprochen habt und versagt ihr nie
die Tat des Dienens...'
Gehorsam
Spiritualität
der hl. Rita
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